Ich vermisse das Vermissen.
Wenn ich von anderen höre oder lese (zum Beispiel bei
demenzfueranfaenger.wordpress.com oder bei @doppelleben@twitter.com), wie sie ihre verstorbenen Angehörigen vermissen, dann vermisse ich mein Vermissen.
Ich vermisse meine Grossmutter (die einzige, die ich kannte) nicht, nicht meinen Vater und werde wohl leider auch meine Mutter nicht vermissen. Das tut mir leid. Ich habe schöne und andere Erinnerungen, an sie, aber es reicht nicht zum Vermissen. Ich würde sie so gerne vermissen!
Wie ist es so gekommen? Meine jüngere Schwester und ich mussten früh emotional unabhängig werden. Die Launen der Mutter waren unberechenbar. Der Vater war in seiner Anwesenheit emotional oft abwesend. Und Omi? Ich hatte sie sehr gern. Sie war eine wohlerzogene, hoch gebildete beherrschte Frau. Sie kam aus einer anderen Welt. Das ist eine Geschichte für sich. Sie war wohl zu beherrscht, als dass sich genügend Wärme zum Vermissen hätte bilden können.
Wie auch immer. Ich lernte früh, mich einzuigeln, mich als Schildkröte in meinen Panzer zurückzuziehen. Die bindenden Fäden habe ich kräftig angeknabbert, damit es weniger weh tut. Und so gibt es heute keine festen Bindungen zu meinen Eltern. Das vermisse ich so sehr.
Ich vermisse das Vermissen.
Wenn ich dem tief nachfühle, so ist es fast das selbe wie:
Ich vermisse meine Eltern.
Aber nicht ganz. Ich vermisse die Beziehung, die wir hätten haben können.
Ich vermisse das Vermissen.