Fremd

An der Bushaltestelle lausche ich dem Regen, den vorbeikurvenden Autos, rieche den feuchten Asphalt und warte. Auf den Bus.

Ich bin neu im Dorf. Vor einer Woche sind wir in ein Häuschen gezogen, um da die letzten Jahre vor dem Altersheim zu verbringen.

Ich liebe das Häuschen, aber es ist mir noch fremd. Auch das Dorf ist mir fremd. Ich war schon öfters hier zum Spazieren, Geocachen, auf der Hunderunde – aber das ist etwas anderes. Jetzt wohne ich hier und das Dorf soll mein Zuhause werden.

Vorher war ich einkaufen, in einem mir gut bekannten Grossverteiler. Aber ich fühlte mich wie in Auslandferien, wenn du durch die Läden irrst und nicht findest, was du brauchst, weil du nicht weisst, wo suchen.

Immerhin: Ich war zum ersten Mal einkaufen.

Tomaten, Chili und Lorbeer hinter dem Haus unter den Wohnzimmerfenstern

Tag – ach zähl doch selber

Am Ostfenster mit Lensball, nein, eh – glassball. Nicht? Dann einfach Glas. Glas mit Wein. Glas mit Wein und weinen.

Den Druck von vier Wochen Fernunterricht ausweinen, das dauert. Dazu die Aussicht auf den Druck der kommenden Wochen, wenn sich die Schule schon wieder verändern wird. Erst verstärkte Digitalisierung, dann Öffnung.

Ich fühle mich überfordert. Zu viele Veränderungen in zu kurzer Zeit.

Bis vor den Frühlingsferien hatten wir uns eine bröcklige Routine erschaffen mit Schülern, Eltern und Kollegen. Nun sollen wir unsere Schule schon wieder neu erfinden?

So schnell wird die Schule nicht, wie sie war. Damals, als wir Lehrer noch Lachen und dumme Sprüche von den Schülern erhielten. Als wir noch lustige Fragen auf ungenügende Erklärungen und Gekicher auf Versprecher bekamen. Und als wir uns noch ganz real ärgern konnten.

Vor dem Bildschirm rede ich an eine Wand. Ich vermisse meine Schüler.

Eismeerhafen

Meerwasser
aus dem fremden Land
an karibischer Sonne
wärmt Luft und Herz
hält den Hafen eisfrei
für Abenteurer

02.02.2020, 10:46

02.02.2020, 14:11h Hafen mit Blick auf die Eismeerkathedrale

Am 02.02.2020 um 14:13h habe ich meinen Fuss an den Rand des Eismeerhafens in Tromsö gesetzt. Bei 69 Grad Nord.

Grau der Nacht

Impuls 10: Pantun (eine malaiische Gedichtform)

Des Nachts sind alle Katzen grau
Gedanken drehen sich im Kreis
Du wirst aus ihnen nicht mehr schlau.
Des Nachts siehst du nur schwarz und weiss.

Gedanken drehen sich im Kreis
Die Katzen lauern auf die Maus.
Des Nachts siehst du nur schwarz und weiss.
Die Maus ist grau. Gleich ist es für sie aus.

Die Katzen lauern auf die Maus.
Gleich schnappt die Todesfalle zu.
Die Maus ist grau. Gleich ist es für sie aus.
Und wer hineintappt, der bist du.

Gleich schnappt die Todesfalle zu.
Im Dunkeln denkt man nicht zu weit!
Und wer hineintappt, der bist du.
Du und die Maus, ihr sei zu zweit.

Im Dunkeln denkt man nicht zu weit!
Gedanken tragen Schmerz in grau.
Du und die Maus, ihr sei zu zweit.
Des Nachts sind alle Katzen grau.