Gedanken ordnen

Normalerweise ordne ich meine Welt mit Wörtern. Was in Worte gefasst ist, verliert seinen Schrecken. Es ist gefasst, wie ein Stein in Schmuck. So lose flattern mir Gefühle und Gedanken um die Ohren. In der Corona Zeit sind mir sogar die Worte durcheinander geraten.

Dann helfen mir Handarbeiten. Beim herstellen von schönen Sachen sind die Gedanken beiden Händen und beim Material. Glas, Garn, Stoff, Holz, Metall Papier oder einfach Farben.

Hasel- und Birkenkränze, rundes Gewebe „Weltbild“ in Arbeit

Jeder Stich jeder Strich, jeder Tupfer bekommt Bedeutung. Abstrakt oder symbolisch. So verliere ich mich weniger. Etwas ausprobieren und herstellen ist meine Therapie, es ist ein Aufräumen in der Seele.

Baumperle in eine Wollkugel gefilzt (in Arbeit) in einem selbst hergestellten Tongefäss.

Dabei entsteht, zugegeben, in der Wohnung viel durcheinander. Aber das Durcheinander der Dinge scheint mir weniger gefährlich, als das Durcheinander in der Seele.

Vielleicht lerne ich noch mit der Innenwelt auch die Aussenwelt zu ordnen. Oder ich nutze das Ordnen der Aussenwelt gleichzeitig für das Ordnen der Innenwelt.

Bandweben, in Arbeit

Tag 47 – mir fehlen die Worte

Impuls zum Lyrikmonat #lyrimo: „Ohne Worte“
Mir läuft es gar nicht mit Dichten in diesem Lyrikmonat.

https://lyrimo.wordpress.com/2020/04/26/27-04-2020-ohne-worte/

Ich finde keine Worte für meine Gedanken,
keine klaren Gedanken für meine Gefühle.
Was steht auf den Zeilen und was dazwischen?

Mein Denken schwebt im leeren Raum
– oder die Wörter verlieren sich im randvollen Raum.
Zu viele Worte haben kein Gewicht
und die wenigen Worte finden sich nicht.

Da bleibt nur Handeln, verzweifelte Kreativität
Weben, flechten, schneiden, kleben, binden, malen … Ich nenne es #coreativ.

Bemalte, beklebte und gefüllte Bonbondosen

Bandweben mit Gatterkamm

Rundweben und frische Kränze, die noch mit Gewebe gefüllt werden sollen.

Glasperlen endlich aufgefädelt

Tag – ach zähl doch selber

Am Ostfenster mit Lensball, nein, eh – glassball. Nicht? Dann einfach Glas. Glas mit Wein. Glas mit Wein und weinen.

Den Druck von vier Wochen Fernunterricht ausweinen, das dauert. Dazu die Aussicht auf den Druck der kommenden Wochen, wenn sich die Schule schon wieder verändern wird. Erst verstärkte Digitalisierung, dann Öffnung.

Ich fühle mich überfordert. Zu viele Veränderungen in zu kurzer Zeit.

Bis vor den Frühlingsferien hatten wir uns eine bröcklige Routine erschaffen mit Schülern, Eltern und Kollegen. Nun sollen wir unsere Schule schon wieder neu erfinden?

So schnell wird die Schule nicht, wie sie war. Damals, als wir Lehrer noch Lachen und dumme Sprüche von den Schülern erhielten. Als wir noch lustige Fragen auf ungenügende Erklärungen und Gekicher auf Versprecher bekamen. Und als wir uns noch ganz real ärgern konnten.

Vor dem Bildschirm rede ich an eine Wand. Ich vermisse meine Schüler.

Tag 35 Tiefschlaf

Impuls zum Lyrikmonat #lyrimo: Impuls

https://lyrimo.wordpress.com/2020/04/16/16-04-2020-impuls/

Kunst ist wie Angeln

im Meer der Impulse

Welcher beisst an?

Screenshot des Twitterbeitrages von @srfnews

Tiefschlaf

Tiefschlaf – Nach unzähligen Überstunden

Tiefschlaf – nach Einsatz über persönliche Grenzen hinaus

Tiefschlaf – nach Unterricht am Bildschirm, der wörtlich ein Reden gegen die Wand ist. Denn ich erhalte (als Belohnung) keine erheiternden Fragen, lustigen Kommentare oder kein witziges Dreinschwatzen. Auch die frechen, aufsässigen und aggressiven Kinder vermisse ich, und genau um sie mache ich mir nachts im Tiefschlaf Sorgen.

Kein Tiefschlaf auch für Eltern und Menschen in „systemrelevanten Berufen“. („Systemrelevant“ bedeutet auch: das System ist relevant.)

Tiefschlaf – wurde bestimmt auf anderem Hintergrund geschrieben, aber der Impuls beisst zu, wann er will. Ich bin erschöpft.