Zeit fassen, der zerrinnenden Zeit Bedeutung beiordnen, dem unbedeutenden Alltag Gewicht beimessen.
Tun wir das nicht alle hier? In Blogs und anderen Sammelbecken von losen und gefassten Gedanken, Gefühlen und Bildern und ähnlichem …
Gegen das Zerrinnen von Zeit und Sinn Als ob Sinn an Zeit gebunden wäre Als ob Sinn an Spuren gebunden wäre
Meine gefassten Zeitschnipsel, Spuren von Alltag und selten auch von Feiertagen versuche ich zu inventarisieren. Dadurch bekommen die Einzelteile Platz in einer Ordnung. Vermute ich, hoffe ich.
Gedanken plätschern: Eine OP teilt die nahe Zukunft in ein „Davor“ und ein „Danach“. Was muss noch erledigt werden? Was will ich erledigt haben? Später wird die Vergangenheit in Davor und Danach geteilt. Welches von beiden wird angenehmer sein?
Weiter ge-gedänkelt es: Die Abläufe vor Ops sind mir vertraut. Kein Grund zur Aufregung. Was mir öfter durch die Gedanken schweift, sind die Fragen um die Wirkungen: Werden die Schmerzen sich lösen? Ein wenig? Oder ganz? Wird es andere Schmerzen geben von der OP? Angst vor der Enttäuschung.
ATC / Line trifft Farbe – Schmerz
Je später der Abend wird, umso konkreter erinnere ich mich an vergangene OPs. Bisher waren die Gedanken eher theoretisch. Nun wird es konkret: Fast nackt im Spitalnachthemd gestochen und angebunden werden – ich werde wieder Leib und Seele fremden Menschen überlassen. Die ganze Kontrolle gebe ich ab, selbst über meinen Atem, mein Bewusstsein, schlimmstenfalls sogar über mein Leben oder Sterben. Wie leicht man diese Hilflosigkeit vergisst!
ATC / Labyrinth
Vor der Narkose werde ich gebeten, an etwas Schönes zu denken. Was möchte ich mit in die Nacht nehmen? Blödsinn, nichts nehme ich mit, da ist nur schwarz. Fast jedesmal versuche ich zu zählen – Bei welcher Zahl genau schlafe ich ein? Ich wusste es noch nie. Nur schwarze Zahllosigkeit.
ATC / Aus den Raunächten: 1. Raunacht
Und nun gute Nacht. Denkt etwas Schönes vor dem Einschlafen!
Mein Alltagsmorgen beginnt mit Tee und der Pillendose.
Am Kopfende des Bettes richte ich die Kissen zurecht und setze mich zum langsamen eintrudeln in den Tag bequem hin. Am Fussende liegt der Pudel.
Die Pillendose für den heutigen Dienstag ist kaputt.
Meine Pillendose aus buntem Plastik ist zerbrochen. Sie ist in der Grösse handlich und hat doch genügend Platz für alle meine Pillen. Sie wirkt jetzt etwas schäbig.
Ob ich meinen Tagesanfang mit einer neuen, schönen Pillendose würdigen könnte?
Im Bad fällt mir auf, dass im Spiegelschrank ein einfacher, schöner Holzkamm liegt. Den benutze ich schon seit Jahren und ich mag ihn gut. Diesen Sommer habe ich mir auf einem Mittelaltermarkt einen Büffelhornkamm gegönnt. Auch er schenkt meinem Tagesbeginn etwas besonderes.
Einblick in den Spiegelschrank
In allen Kulturen unterscheiden Menschen zwischen Feiertag und Werktagen, Festtag und Alltag. Ebenso finden sich meines Wissens in allen Kulturen Mittel und Wege, den Alltag aufzuwerten.
Muster auf Kleidern, Dekorationen auf Geschirr und Besteck interpretiere ich so, dass Alltagsgegenstände nicht ausschliesslich nützlich sen müssen. Eine Spur Schmuck putzt dem Alltag heraus.
Gerne möchte ich hier festhalten, dass ich dieses Jahr regelmässig über den Alltag schreiben werde. Gerne möchte ich fest machen, dass ich wöchentlich beschreibe, wie ich dem Alltag seine würde geben konnte. Aber ich traue meinem Durchhaltevermögen nicht.
Ich beginne einfach damit, nicht mit dem Schreiben, sondern damit, dass ich meinen Alltag bewusster begehen, ihn schmücke und wertschätze.
Während der Therapie zur Bewältigung des Burnout habe ich wahr genommen, wie wichtig „Selbstfürsorge“ ist. Wie das konkret geht, muss ich erst lernen und üben.
Wenn ich für Familienmitglieder etwas herstelle, Glasperlen oder etwas Textiles, dann bin ich mit freundlichen Gedanken ind Segenswünschen bei dieser Person.
Nun stricke ich für mich einen Pullover. Warum nicht freundliche Gedanken über mich selber einstricken?
Sommerpullover, Baumwolle
Mit selbstgesponnenem, noch etwas unregelmässigem Garn häkle ich mir eine Decke für Sommerabende. Nun übe ich, gute Wünsche und Freundlichkeit für mich mit einzuhäkeln.
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