Liegen / Textil 5

Zwanzig Stunden liegen soll ich. Täglich.

Eine angeschlagene Bandscheibe hat meine Covid-19 Erkrankung vom Oktober zum Anlass genommen, sich zu entzünden.

Dennoch

Neugierig bleiben
Sich wundern
Sich freuen

Erst recht
das Land entdecken
innerhalb der Grenzen

"Tiefer hinein
Höher hinauf"*



*C.S. Lewis, Narnia, der letzte Kampf

Im Nichtstun bin ich denkbar schlecht. So ist mein Bett mit Projekten und Zubehör angereichert.

Auf einer Unterlage hält eine Hand einen Bandwebstuhl, senkrecht fotografiert, darum kaum erkennbar. Unten das angefangene Band in hellgrün und gelb mit Randstreifen in petrol. In der Mitte ein Webschiffchen mit gelbem Garn, oben Brettchen, in denen die Fäden eingezogen sind. Alles liegt auf dem Schoss, die Beine sind auf einem Kissen hochgelagert.
Bandwebstuhl mit Brettchen

Plötzlich diese Lust zu spinnen. Ausgerechnet! Im Bett? Und alle 30cm aufwickeln?

Da fällt mir ein, dass es erst kürzlich in der Handspinnerey von chantimanou.de ein Video zu „unterstützten Spindeln“ gab, also Spindeln, die nicht hängen, sondern auf einer Unterlage laufen. Mir schien das äusserst schwierig, ein Projekt für frühestens nächstes Jahr.

Nächstes Jahr? Jetzt habe ich Zeit im Überfluss und kann Abwechslung brauchen – lass es mich versuchen!

Links neben dem Oberschenkel hält die linke Hand eine Spindel, die in einer Glasschale steht. Der gelbe Faden ist unten als Knäuel auf die Spindel gewickelt, dann um den Spindelstab nach oben, schliesslich geht er oben schräg nach rechts weg.
Unterstützte Spindel

Zu meinem Erstaunen ist mir ein halbwegs gleichmässiger Faden gelungen. Stabil ist er noch nicht, aber ich übe weiter!

Zwischen
Stillhalten und Aktivismus
Innehalten und Aushalten
Sammlung und Ablenkung
Zwischen
Hoffen und Verzweifeln

Dem Verzweifeln schiebe ich schnell den Riegel, Handarbeiten zu einem Hörbuch lenkt wunderbar ab.

Tag – ach zähl doch selber

Am Ostfenster mit Lensball, nein, eh – glassball. Nicht? Dann einfach Glas. Glas mit Wein. Glas mit Wein und weinen.

Den Druck von vier Wochen Fernunterricht ausweinen, das dauert. Dazu die Aussicht auf den Druck der kommenden Wochen, wenn sich die Schule schon wieder verändern wird. Erst verstärkte Digitalisierung, dann Öffnung.

Ich fühle mich überfordert. Zu viele Veränderungen in zu kurzer Zeit.

Bis vor den Frühlingsferien hatten wir uns eine bröcklige Routine erschaffen mit Schülern, Eltern und Kollegen. Nun sollen wir unsere Schule schon wieder neu erfinden?

So schnell wird die Schule nicht, wie sie war. Damals, als wir Lehrer noch Lachen und dumme Sprüche von den Schülern erhielten. Als wir noch lustige Fragen auf ungenügende Erklärungen und Gekicher auf Versprecher bekamen. Und als wir uns noch ganz real ärgern konnten.

Vor dem Bildschirm rede ich an eine Wand. Ich vermisse meine Schüler.

Sprünge und Schnipsel

Zu den Tagen 24 und 25

Hane Sprung ir Schüssle
So chani nid dichte
Es isch mer aus zdicht
Mis Hirni verbricht.

De blibe nur Stückli
Nur Fötzle u Möckli
kes richtigs Gedicht
die Täg hei zviu Gwicht.

Zviu fern, zweni nach
Fernbesprechig, Fernunti,
Fernlache, ferngränne
Es isch zum furtrenne.

Kombiniert die Impulse zum Lyrikmonat #lyrimo:
Sprünge. Schnipsel

Grau der Nacht

Impuls 10: Pantun (eine malaiische Gedichtform)

Des Nachts sind alle Katzen grau
Gedanken drehen sich im Kreis
Du wirst aus ihnen nicht mehr schlau.
Des Nachts siehst du nur schwarz und weiss.

Gedanken drehen sich im Kreis
Die Katzen lauern auf die Maus.
Des Nachts siehst du nur schwarz und weiss.
Die Maus ist grau. Gleich ist es für sie aus.

Die Katzen lauern auf die Maus.
Gleich schnappt die Todesfalle zu.
Die Maus ist grau. Gleich ist es für sie aus.
Und wer hineintappt, der bist du.

Gleich schnappt die Todesfalle zu.
Im Dunkeln denkt man nicht zu weit!
Und wer hineintappt, der bist du.
Du und die Maus, ihr sei zu zweit.

Im Dunkeln denkt man nicht zu weit!
Gedanken tragen Schmerz in grau.
Du und die Maus, ihr sei zu zweit.
Des Nachts sind alle Katzen grau.